Was macht man wenn es am Sonntag morgens regnet? Gar nichts? Falsch! Man überlegt sich, was man am Sonntag Nachmittag machen könnte. Also war ich auf der Suche nach einer leichten Tour, quasi als aktive Erholung von gestern. Da ich wegen des Schnees immer noch unter 2000 Meter bleiben wollte, fiel Wahl schlussendlich auf den Gonzen. Ich hatte ihn schon häufig beim Vorbeifahren bestaunt. Er thront hoch über Sargans. Von da muss die Aussicht doch toll sein, sind es doch immerhin fast 1400 Meter Höhenunterschied zwischen Sargans und dem Gipfel. Die Tour war mit T5 bewertet, was keine Probleme darstellen sollte.

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An dieser Stelle hätten die Alarm-Sirenen bereits losgehen sollen. 1400 Meter Höhenunterschied sind nicht gerade für eine lockere Nachmittagstour geeignet. Aber die Sirenen blieben stumm. Wie der Wetterbericht es vorausgesagt hatte, war um 12:35 kein Regen mehr in Sicht. Das Ziel meiner Wanderung lag aber noch in einer dicken Schicht von Wolken. Kein Problem! Ich war ja noch nicht ober sondern erst im Aufstieg.

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Unterwegs hatte ich mit Weglagern zu kämpfen, die aber keine größeres Hindernis darstellten. Ausser Lärm nichts gewesen.

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Zu Stärkung hätte ich auf wilde Erdbeeren zurückgreifen können. Allerdings waren sie noch nicht ganz reif … So liess ich in der Folge die Finger davon.

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Man erinnere sich, heute sollte es eine “leichte Nachmittags Wanderung” werden. Das war die Theorie. In der Praxis stellte ich fest, dass es heute eigentlich gar nicht so schlecht geht und so wurde der Aufstieg kurzerhand zu einem Leistungstest umfunktioniert. Ziel war, herauszufinden, wie viele Höhenmeter ich in einer Stunde erklimmen kann, ohne dabei aber in den roten Bereich zu kommen. Nach einer Stunde zeigte der Höhenmesser +630 Meter an. Nicht weltbewegend, aber damit kann ich nach einem Winter ohne Training zufrieden sein. Irgendwann tauchte die Tafel auf, von der ich bereits im Wanderführer gelesen hatte. Hier verlässt man den Wanderweg. Mehrere Abschrankungen stellen sicher, dass sich kein “normaler” Wanderer zufällig dorthin verirrt.

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Wenig später kam ich aus dem Wald und traf auf die ersten Felsen. Nun galt es den Einstieg in die Follaplatten zu finden. Ich traf auf ein Steinmännchen mit einer akzeptabel aussehenden Wegspur. Ist das nun hier, dieser Einstieg? Sieht machbar aus, aber was sagt der Wanderführer: “…. östlichen Rand der Follaplatten, ca 1250m …”. Gut, ich bin erst auf 1160m, also muss ich noch weiter rauf.

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Weiter oben sah es so aus. Wo soll da ein Weg sein, der gemäss Führer “nur wenig aufsteigend” ist? An dieser Stelle musste ich eigenstehen, dass meine Vorbereitungen für diese Wanderung nur ungenügend gewesen waren, hatte ich keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte …

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Dann fotografieren wir doch als Auflockerung einfach eine schöne Blume. Man beachte die Wassertropfen, was bedeutet, dass es hier vor Kurzem geregnet hatte was wiederum bedeutet, dass der Untergrund noch recht nass war.

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Als ich auf der Suche nach dem Einstieg zu den Follaplatten vor einer mehr oder weniger senkrechten Wand stand, wohlgemerkt nun auf 1250 Meter Höhe, schaute ich mir nochmals das Foto von der Wanderroute aus meinem SAC-Wanderführer – das Buch habe ich aus Gewichtsgründen natürlich nicht dabei – an. Dort sah es so aus, dass man irgendwie gerade in die Follaplatten einsteigen kann, ohne einen grossen Schwenker. Also stieg ich wieder aber, vorbei auch an dem Steinmännchen.

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Als ich im Abstieg wieder den Wald erreichte und meine Position auf der Karte überprüfte, stellte ich fest, dass ich nun einfach den Schwenker in die andere Richtung gemacht hatte. Vom Einstieg war natürlich nirgendswo etwas zu sehen… ! Da ich keine Lust hatte, den Rest des Tages rauf und runter zu steigen, beschloss ich, eine Internet-Recherche auf Hikr zu starten. Kurze Zeit später fand ich dort eine Beschreibung von dieser Tour und das Foto vom Einstieg zu den Follaplatten zeigt genau das Steinmännchen, an dem ich schon zweimal vorbeigestiegen war … so schön!

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Die “ausgesetzte Querung” war schnell überwunden und so konnte ich den darüber liegenden Biwakplatz inspizieren. Hier zu biwakieren setzt offenbar eine längere Periode ohne Regen voraus, den jetzt tropfte es überall. Entsprechend glitschig war auch der Untergrund.

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Von unten sieht das alles Easy aus.

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Anschließend stieg ich über eine steile Rinne in eine “Höhle” auf. Das einzige Problem war das loses Gestein, das in grösseren Mengen den Weg belagerte.

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Nachdem ich dieses Hindernis überwunden hatte, war wieder Rätselraten angesagt. Wo geht es nun weiter? Keine wirkliche Wegspuren. Und ich bin auf einer leichten Nachmittags-Wanderung! Da ich grundsätzlich immer noch rauf musste, beschloss ich, leicht ansteigend, die folgenden steilen Wiesen zu überwinden. Meine Gespür war offensichtlich richtig, denn als ich vor einer steilen Felswand stand, gab es einen Baum, an dem ein langes Seil angebracht war. Der Abstieg war ziemlich steil und der Untergrund sah super matschig und ohne Halt aus. Deshalb beschloss ich seitlich abzusteigen und erst am Ende in die Rinne zu gelangen.

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Das reichte bereits, um meine schönen Schuhe in Schlammklumpen zu verwandeln … Nun gut, ich war zumindest heil unten. Über die Stilnote vom Abstieg reden wir an dieser Stelle lieber nicht.

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Der weitere Weg war wieder raten. Irgendwann stellte ich fest, dass ich mich wohl abermals verirrt hatte. Statt auf gleicher Höhe den Hang zu traversieren, war ich steil in eine Bachbett aufgestiegen. Da ich aber sowieso auf dem Gipfel wollte und dies der kürzeste Weg dort hin war, beschloss ich einfach weiter zu steigen. Das Fazit von dieser Übung: Der kürzeste Weg ist nicht immer der schnellste oder leichteste …

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Ich traf auf in dem Bachbett auf eine Unzahl von Knochen. Die Größe und Anzahl lässt nur einen Schluss zu: Hier hat eine Kuh das Zeitliche gesegnet. RIP!

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Auf dem Gipfel angekommen wurde ich mit einer schönen Aussicht belohnt.

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Immer wieder sogen Wolkenfetzen vorbei, aber ein paar Fotos gelingen doch.

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Der Abstieg ging über eine andere Route und war kein Problem mehr. Hier das gesamte Rheintal.

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Dieser Hof muss wohl alles mit dem Helikopter einfliegen, gibt es doch weit und breit keinen fahrbaren Weg.

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“Die Leitern”. Ziemlich steil, aber dafür kein loser/rutschiger/schlammiger Untergrund.

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Den Weg nach unten nehme ich in der Regel mit maximaler Geschwindigkeit in Angriff. So auch heute. Die 1330 Meter vom Gipfel des Gonzen bis nach Sargans legte ich in genau einer Stunde zurückgelegt, wobei ich für die letzten 600 Höhenmeter 18 Minuten brauchte, was etwa 2000m/h entspricht. Von wegen leichte Nachmittagswanderung … Zwinkerndes Smiley 

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Was ich erst bei der Auswertung des GPS-Tracks feststellte ist die Tatsache, dass Smartphones offensichtlich grosse Problem bei der korrekten Bestimmung der Höhe haben. Der Einstieg zu den Follaplatten war in der Tat bei 1250, mein super smartes Phone zeigte dort aber immer 1160 Meter an. Nächstes Mal habe ich meine neue Uhr dabei mit einem Barometer als Höhenmesser und nicht nur GPS.